Neue Datenbank schafft Transparenz über Afrikas Staatsverschuldung
Das Kiel Institut für Weltwirtschaft stellt mit der African Debt Database (ADD) eine weltweit einzigartige Datensammlung zur öffentlichen Verschuldung afrikanischer Staaten vor. Die Datenbank samt Forschungspapier entstand in internationaler Zusammenarbeit führender Forschungsinstitutionen und umfasst mehr als 50.000 einzelne Kredite und Anleihen im Wert von über 6,3 Billionen US-Dollar und liefert erstmals ein umfassendes Bild über die rasch wachsenden nationalen Schuldenmärkte des Kontinents.
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Mit der neuen African Debt Database (ADD) schließt das Kiel Institut eine zentrale Wissenslücke in der globalen Finanzstatistik. Die Datenbank erfasst detailliert sämtliche inländischen und ausländischen Schuldtitel von 54 afrikanischen Staaten zwischen 2000 und 2024 – insgesamt mehr als 50.000 Kontrakte mit einem Volumen von rund 6,3 Billionen US-Dollar. Für jeden Kontrakt werden Währung, Laufzeit, Zinssatz, Gläubiger und Art des Schuldtitels dokumentiert. Damit bietet ADD den bislang umfassendsten Überblick über die Entwicklung und Struktur staatlicher Verschuldung in Afrika.
Afrikas Schuldenmärkte sind größer und komplexer als bisher bekannt
Die Datenbank und das zugehörige Forschungspapier entstand in aufwendiger, gemeinsamer Arbeit eines Forschungsteams des Geneva Graduate Institute, des Global Sovereign Advisory, des Kiel Instituts, der UN-Wirtschaftskommission für Afrika, der Weltbank, der Aix-Marseille School of Economics und der Munk School an der Universität Toronto (die Inhalte der Studie spiegeln jedoch nicht notwendigerweise die Ansichten der jeweiligen Institutionen wider).
„Der Aufbau der ADD bedeutete, tausende Regierungsdokumente zusammenzuführen und in eine konsistente Datenbank zu überführen. Mit Hilfe KI-gestützter Texterkennung konnten wir Afrikas Schuldendaten in bisher unerreichter Detailtiefe systematisieren“, erklärt Niccolo Rescia, Ökonom bei Global Sovereign Advisory, in persönlicher Funktion.
Die Auswertung der Daten in einem Forschungspapier zeigt vier zentrale Trends: Erstens haben sich die inländischen Schuldenmärkte – vor allem in Ländern mit mittlerem Einkommen – rasant ausgeweitet. Zweitens bestehen große Unterschiede in den Kreditkosten und Realzinsen. Drittens variieren Laufzeiten und Rückzahlungsrisiken erheblich zwischen den Staaten. Viertens hat die Schuldenlast, insbesondere durch internationale Anleihen, deutlich zugenommen.
„Mit der ADD wird sichtbar, wie stark afrikanische Staaten heute auf ihre heimischen Kapitalmärkte setzen – und wie ungleich die Bedingungen dafür sind“, sagt Christoph Trebesch, Direktor des Forschungszentrums Internationale Finanzen am Kiel Institut und Mitautor der Studie. „Die neue Datenbank verdeutlicht, dass Schuldentransparenz auch in datenarmen Umfeldern machbar ist – ein entscheidender Faktor für solide Finanzpolitik und makroökonomische Überwachung.“
Rasantes Wachstum der Inlandsverschuldung birgt neue Risiken
Die Studie hebt hervor, dass die zunehmende Verlagerung hin zu inländischer Verschuldung Chancen für mehr finanzielle Eigenständigkeit bietet – aber auch neue Risiken birgt. Kurzlaufende Titel erhöhen etwa die Gefahr von Refinanzierungskrisen, während hohe Realzinsen die Tragfähigkeit der Schulden belasten. ADD ermöglicht es, diese Dynamiken erstmals systematisch zu analysieren.
„Funktionierende inländische Kapitalmärkte sind entscheidend, um lokale Ersparnisse zu mobilisieren und die Abhängigkeit von Entwicklungskrediten zu verringern“, sagt Ka Lok Wong, Ökonom bei der UN-Wirtschaftskommission für Afrika, in persönlicher Funktion. „Durch die Bereitstellung detaillierter Emissionsdaten kann die ADD das Vertrauen von Investoren stärken und zur Vertiefung der afrikanischen Finanzmärkte beitragen.“
Ein besonderes Anliegen des Projekts ist die öffentliche Zugänglichkeit der Daten. Die ADD wird frei verfügbar online bereitgestellt – inklusive Dokumentation und Quellenverweisen. Damit stärkt sie nicht nur Forschung und Politikberatung, sondern auch die demokratische Kontrolle über öffentliche Finanzen.