Deutsche Wirtschaft wartet auf Impulse
Dr. Nils Jannsen, Leiter Konjunktur Deutschland am Kiel Institut, kommentiert die aktuellen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal 2025 des Statistischen Bundesamtes, wonach dieses stagniert hat:
„Die deutsche Wirtschaft wartet auf Impulse. Nach dem positiven Start in das Jahr, haben die jüngsten beiden Quartale gezeigt, dass ein selbsttragender Aufschwung noch außer Reichweite ist. Insgesamt wird das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr wohl kaum mehr als stagnieren. Immerhin sind die deutlichen Rückgänge der beiden Vorjahre trotz der US-Zölle und geopolitischen Spannungen gestoppt. Allerdings liegt das Bruttoinlandsprodukt damit lediglich auf dem Niveau des Jahres 2019, so dass die deutsche Wirtschaft praktisch seit 6 Jahren nicht mehr gewachsen ist.
Viel mehr als Stagnation ist für die deutsche Wirtschaft derzeit ohne wirtschaftspolitische Impulse offenbar nicht möglich. Mit der expansiven Finanzpolitik der Bundesregierung wird die Konjunktur ab dem kommenden Jahr wieder anziehen. Allerdings leidet die deutsche Wirtschaft weniger unter einer konjunkturellen Schwäche, sondern vielmehr unter strukturellen Problemen. Ohne eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürfte die expansive Finanzpolitik nicht viel mehr als ein konjunkturelles Strohfeuer auslösen.
Das Geschäftsklima der Unternehmen ist in der Tendenz zwar aufwärtsgerichtet. Das geht jedoch vor allem auf aufgehellte Erwartungen zurück, die wohl vor allem aufgrund der Aussichten auf deutlich steigende Staatsausgaben zurückzuführen sind. Die aktuelle Geschäftslage ist dagegen nach wie vor schlecht. Zuletzt hat der Zollkonflikt mit den USA belastet, ablesbar an den deutlichen Rückgängen der Exporte in die USA. Viel schwerer wiegen jedoch strukturelle Hemmnisse, die die wirtschaftliche Aktivität bereits seit geraumer Zeit lähmen. Ablesbar ist dies schon an der im internationalen Vergleich bereits seit Jahren schwachen Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen hat sich allgemein spürbar verschlechtert, entsprechend verlieren sie massiv an Marktanteilen. Zudem hält die hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit die Unternehmen bereits seit längerem von Investitionen ab. Ohne substanzielle Reformen wird die Wachstumsdynamik somit schwach bleiben, auch wenn die fiskalischen Impulse dies für einige Zeit verdecken werden."