Skip to main navigation Skip to main content Skip to page footer

Kiel Institut in den Medien

Mehr Freiraum für Marktprozesse

Erscheinungsdatum

Mehr zum Thema

Politische Ökonomie

Wirtschaftspolitik in Deutschland

Für Eingriffe aller Art gilt: Die Summe macht's. So wie Gulliver nicht von einem Faden am Boden gehalten wurde, lähmt ein dichtes Regulierungsgeflecht die ökonomische Dynamik. Ein Plädoyer.

 

... Statt standortstärkender Weichenstellungen erschöpft sich die angekündigte Wirtschaftswende" bislang in bloßen Symptomkuren und regulatorischem Finetuning. ... Durchgreifende Strukturreformen wirbeln viel Staub auf, der ihre Vorteile für die Allgemeinheit zunächst vernebelt. Das kleine Einmaleins der Politökonomik setzt eine solche Rosskur an den Anfang einer Legislatur, um noch vor der nächsten Wahl sichtbare Erfolge vorweisen zu können. Wer kostbare Zeit mit Reformkommissionen vergeudet, hat entweder im Anlauf auf die Regierungsübernahme seine Hausaufgaben nicht gemacht oder sieht den Reformbedarf - wenn überhaupt - erst als Aufgabe für die Nachfolger. Beides verlängert den wirtschaftspolitischen Stillstand, während der Standort im internationalen Wettbewerb weiter zurückfällt und der Problemdruck steigt.

 

... Die eigentlichen Ursachen liegen in weitverbreiteter Gleichgültigkeit - wenn nicht gar in einem tiefsitzenden Misstrauen - gegenüber Marktprozessen. Diese Einstellung rührt wiederum von einem mangelnden Bewusstsein für die sozioökonomische Komplexität, die in einem hoch entwickelten Wirtschaftssystem zu bewältigen ist. Je einfacher man sich die wirtschaftliche Welt denkt, desto mehr wird die Koordinationsleistung verkannt, die tagtäglich über Marktprozesse erbracht wird, während zugleich die Erfolgsaussichten staatlicher Eingriffe überschätzt werden.

 

... Die Wurzeln dieser Diskrepanz reichen bis in die akademische Sphäre hinein. Der Interventionismus strahlt auch deshalb für viele so hell, weil er konkrete Lösungen in Aussicht stellt, während Marktprozesse als offene Suchverfahren ohne solche Garantieversprechen ablaufen. Ihre geräuschlose Überlegenheit liegt im Einbinden des über alle Akteure verstreuten Wissens, auf das der zentrale Planer keinen Zugriff hat. ... In der Folge spielt die Politik viel zu oft gegen die Marktkräfte statt mit ihnen. Dementsprechend enttäuschend fallen die Ergebnisse aus, ... Nach Beispielen muss man nicht lange suchen. Eine Auswahl: ... Generell ist Industriepolitik ein Fremdkörper in einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Denn staatliche Stellen haben keinen Wissensvorsprung über die "richtigen" Wirtschaftsstrukturen. Auch Ökonomen wissen nicht, was zukünftig die wertschöpfungsträchtigsten Produkte und Technologien sein werden.

 

... Die Vertreter einer marktwirtschaftlichen Ordnung tun der Sache keinen Gefallen, wenn sie der "Marktwirtschaft" allerlei wohlklingende Attribute voranstellen. Mit der Sozialen Marktwirtschaft ist es nicht mehr getan, sie soll auch "ökologisch", "nachhaltig", "inklusiv", "demokratisch", "schützend" oder "gerecht" sein. Schon die "Soziale Marktwirtschaft" hat zu Missverständnissen eingeladen und den Blick auf die soziale Funktion von Marktprozessen zunehmend verdeckt. All die normativen Beiwörter machen den Begriff nicht nur inhaltsleer, sondern sie rücken ihn in die Sphäre des Suspekten. Ohne sie wirkt der nackte Kern der Marktwirtschaft nachgerade anstößig. Diesem Misstrauen stiftenden Missverständnis gilt es entgegenzuwirken. Andernfalls wird es auch 2026 keinen "Herbst der Reformen" geben, der das Wohlstandsfundament des Landes erneuert.

Kiel Institut Expertinnen und Experten

  • Prof. Dr. Stefan Kooths
    Forschungsdirektor

Mehr Publikationen

Themen

  • Innenaufnahme der Kuppel des Reichstags

    Wirtschaftspolitik in Deutschland

Forschungszentren

  • Forschungszentrum

    Makroökonomie