Abwartende Geldpolitik der EZB ist folgerichtig
Lena Dräger, Forschungsdirektorin der Gruppe Monetäre Makroökonomie am Kiel Institut für Weltwirtschaft, kommentiert die erwartete Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), den Leitzins heute konstant zu lassen:
„Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt damit ihre geldpolitische Ausrichtung fort. Die abwartende Geldpolitik ist folgerichtig in der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Eurozone und bewahrt gleichzeitig die Flexibilität, Zinsen nach oben oder nach unten anpassen zu können. Diese Flexibilität sollte sich die EZB der weiterhin sehr hohen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit bewahren und daher bei ihrem „Meeting-by-meeting“-Entscheidungsansatz bleiben.
Die jüngsten Daten unterstreichen den Grund für diese abwartende Haltung: Die Inflation in der Eurozone blieb im November bei etwa 2,2 Prozent und damit nur leicht über dem mittelfristigen Zielwert der EZB. Während Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zuletzt eher nach unten korrigiert wurden, hat sich die Erwartung für die Eurozone insgesamt eher positiv entwickelt.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat jüngst angemerkt, dass eine weitere Zinssenkung aktuell nur aufgrund eines größeren negativen ökonomischen Schocks erfolgen würde. EZB-Ratsmitglied Isabel Schnabel erwähnt gleichzeitig mögliche Aufwärtsrisiken für die Inflation in der Eurozone aufgrund von anhaltend hohen Preissteigerungen bei Dienstleistungen, hohen Lohnsteigerungen und erhöhten Inflationserwartungen von Haushalten. Dies würde eher für eine Zinsanhebung als nächsten Zinsschritt sprechen. Beide betonen jedoch, dass die Zinsen in der Eurozone aktuell passend zum Mandat der Preisstabilität sind und damit eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese länger konstant gehalten werden.“