Wirtschaftspolitischer Beitrag
Afrika 2.0: Chancen für den deutschen Mittelstand
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Afrika
Schwellen-& Entwicklungsländer
Innovation und Strukturwandel
Das jüngste Tempo des Wirtschaftswachstums in Afrika war beeindruckend. Zwischen 2001 und 2014 lag der durchschnittliche Zuwachs des Bruttoinlandsprodu
Einer der Gründe für das starke Wirtschaftswachstum ist die digitale Vernetzung auf dem gesamten Kontinent. Waren ehemals hohe Kosten für Internetnutzung und Ferngespräche typisch für Afrika, kann der Kontinent heute stolze 700 Millionen Handybesitzer und 150 Millionen Internetnutzer verzeichnen.
Doch trotz dieses erheblichen digitalen Fortschritts, vor allem im Afrika südlich der Sahara, ist der Zugang zur Digitalisierung und der Entwicklungsnutzen daraus nur gering, speziell in den ärmsten Bevölkerungsgruppen. Diese Lücke gilt es zu schließen – eine vielversprechende Chance gerade auch für Unternehmen des deutschen Mittelstands, die in Afrikas digitalen Sektor investieren wollen. Denn sie treffen dabei auf billige Arbeitskräfte, eine wachsende junge Bevölkerung und einen riesigen Verbrauchermarkt mit hohem Nachholbedarf.
Die große digitale Revolution in Afrika scheiterte bislang an der Verfügbarkeit, Verlässlichkeit und Erschwinglichkeit des mobilen Internets. Die meisten Smartphone-Nutzer können nur auf ein langsames 2G- oder 3G-Netz zugreifen. Um Abhilfe zu schaffen, haben eine Reihe von Ländern ihren Informations- und Telekommunikationssektor für private Investoren geöffnet. Ziel ist die Bereitstellung eines zuverlässigen und schnellen Mobilfunknetzes der neuesten Generation.
Afrikas Bevölkerung wird in den kommenden Jahren weiter wachsen und relativ jung bleiben. Der Wunsch nach digitaler Vernetzung ist gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders hoch, die Nachfrage nach erschwinglichen und robusten Mobiltelefonen wird daher weiter steigen. Investitionen in Produktionsanlagen, die vor Ort günstige Telefone und andere elektronische Geräte wie Laptops und Tablets herstellen, kann sich vor allem in Ländern, die zentral gelegen sind und eine gute Anbindung an andere afrikanische Regionen haben, lohnen.
Viele afrikanische Länder sind Vorreiter beim Einsatz elektronischer Dienstleistungen, genannt E-Services. In Kenia etwa werden Geldüberweisungen mit M-PESA, einem digitalen Zahlungssystem, durchgeführt. In Ghana, Tansania und Sambia nutzen Angestellte im Gesundheitswesen das Mobiltelefon, um gefälschte Medikamente oder geringe Lagerbestände zu melden. Investoren können bestehende E-Service-Strukturen für ihre Zwecke nutzen, um etwa mit E-Commerce neue Märkte und Konsumenten zu erreichen und die Kundenbasis in Afrika zu erweitern.
Die Digitalisierung wird auch und gerade die Nachfrage nach technischem Know-how sowie Hard- und Software erhöhen. Gerade hier dürften sich dem deutschen Mittelstand mit seinen gut ausgebildeten Ingenieuren, seiner Erfahrung in der Bereitstellung von digitaler Infrastruktur wie Glasfaserkabel oder Sendeanlagen und seinen individuellen Softwarelösungen erhebliche Marktchancen bieten.
Allerdings: Investoren sollten sich unbedingt mit den regionalen Besonderheiten vertraut machen, bevor sie in einem Land oder einer Region aktiv werden. Dazu zählen vor allem die politischen Verhältnisse, die Wirtschaftskraft, die Nähe zu anderen regionalen Märkten und Transportkosten, die nach wie vor verhältnismäßig hoch sein können. Zur Risikobegrenzung bestehen auch vielerorts Möglichkeiten für eine öffentlich-private Partnerschaft mit etablierten lokalen Unternehmen.
Für den deutschen Mittelstand sind Investitionen in Afrikas Digitalisierung eine große Chance. Afrika helfen sie dabei, seine digitale Dividende einzufahren, und sie bringen dem Land Zugang zu Informationen, politische Stabilität und Arbeitsplätze. So tragen sie nicht zuletzt auch zur Erfüllung der von den Vereinten Nationen formulierten „Sustainable Development Goals“ bei.
(Der Artikel erschien zuerst in einer Sonderausgabe des „Pro-Magazin“ zum 7. Treffen der Weltmarktführer unter dem Titel „Ein Kontinent voller Chancen – Welche Möglichkeiten Afrika deutschen Firmen bietet“.)
In der Reihe Kiel Focus veröffentlicht das Institut für Weltwirtschaft Essays zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen für deren Inhalte die Autorinnen und Autoren alleine verantwortlich zeichnen. Die in den Essays abgeleiteten wirtschaftspolitischen Empfehlungen spiegeln nicht notwendigerweise die Empfehlungen des Instituts für Weltwirtschaft wider.